Nur etwa zwei Wochen habe
ich nach dem Retreat noch im Land der Thai verbracht. Ursprünglich
war ein längerer Aufenthalt geplant. Doch leider hat der
gelangweilte Beamte hinterm Einreiseschalter am Bangkoker Flughafen
mein 60-Tage Visum übersehen und mir nur die übliche, 30-täige
Aufenthaltsgenehmigung in den Pass gestempelt. Eine weitere
Verlängerung des Visums hätte meinem Geldbeutel ordentlich wehgetan
und so beschloss ich, pünktlich zum 3. Juni wieder außer Landes zu
sein.
Blick auf Bangkok vom 'Golden Mountain'. |
Was gibt es nun
berichtenswertes über meine zwei Wochen in Thailand? Ich muss
ehrlich gestehen, dass mir da kaum etwas einfällt. Die Tage sind wie
im Zeitraffer an mir vorübergegangen und haben kaum Spuren in Form
von denkwürdigen Erinnerungen hinterlassen. Vom beschaulichen
Gelände des Meditationszentrums wurde ich von einem Bus aufgegabelt,
der mich direkt nahe des Zentrums der Millionenmetropole Bangkok
abgesetzt hat, von wo aus ich mich dann per Skytrain und Bus zu
meinem Hostel durchgeschlagen habe. Der massive Kulturschock, den ich
zuvor erwartet hatte, ist indes ausgeblieben. Ich hatte zunächst
damit gerechnet, dass mich allgemeines Chaos und Reizüberflutung in
Bangkok hoffnungslos überfordern würden. Tatsächlich habe ich mich
erstaunlich schnell zurechtgefunden. Nur das erreichte Niveau an
achtsamer Gegenwärtigkeit auch in der Hektik einer modernen
Großstadt zu bewahren, sollte sich als schwierig erweisen. Zu viel
passiert gleichzeitig und in zu rasanter Geschwindigkeit, wodurch die
Aufmerksamkeit in tausend Scherben zersplittert wird, anstatt in einem
einzigen, präzisen Strahl fokussiert zu werden.
Blick von außen auf den Königspalast. |
In Bangkok
war ich nun also wieder ein „freier Reisender“ mit bescheidenem,
aber für thailändische Verhältnisse mehr als ausreichendem Budget.
Es durfte frei nach Lust und Laune gegessen und getrunken werden,
wofür sich in Bangkok unzählige Gelegenheiten bieten. Gefühlt alle
50 Meter kann man sich den Bauch mit frischen Früchten, Pad Thai
(gebratenen Nudeln), Curries aller Art, in Fett gebadeten
Streetfood-Snacks, der für Asien so typischen Nudelsuppe
und allerlei anderen exotischen und weniger exotischen Fressalien
vollschlagen. Bei mir lief es indes meistens auf Reis oder Nudeln
hinaus. Natürlich steht auch das einschlägige Fastfood
amerikanischen Ursprungs und die Sucht erregenden Zuckerwässerchen
des Coca-Cola-Konzerns in schier unbegrenzten Mengen zur Verfügung.
Auf der berüchtigten Khao-San-Road, Bangkoks Backpackermeile, die es
spätestens seit Alex Garlands Roman „Der Strand“, zu globaler Bekanntheit
gebracht hat, findet man natürlich auch noch alles andere, was das
hedonistische Herz begehrt. Hier kann man ordentlich Eimer-Saufen zum
Economy-Traif, sich durchkneten lassen, Reggeau-Musik hören, sich
Anzüge schneidern lassen oder bei einer Ping-Pong-Show alle
Zivilisiertheit fahren lassen. Um die Bargeldversorgung muss man sich
auch keine Gedanken machen. Man kann nämlich kaum fünf Schritte laufen
ohne auf einen Geldautomaten zu treffen und im Gegensatz zu ihren
nepalesischen Vettern, spucken die ATMs in Bangkok immer zuverlässig
Cash aus, das man in die Shopping-Malls und zu den weitläufigen
Straßenmärkten tragen kann. Die Straßenmärkte ähneln in Art und
Angebot sehr dem, was ich bereits in China kennengelernt habe.
Lebende und tote Produkte in allen Formen und Farben, inklusive
Krabben und Kröten.
Auf dem Blumenmarkt. |
Natürlich bietet Bangkok
noch einiges mehr. Die Säulen der Thai-Nation heißen schließlich
Monarchie, Religion und Souveränität. Über erstere beiden Aspekte
bietet die Stadt Einblicke in Hülle und Fülle. Erst letztes Jahr
ist das der hochverehrte thailändische Monarch Bhumipol (Rama IX.) nach über
60 Jahren Regentschaft in die ewigen Jagdgründe eingegangen. Schaut
man sich aber im Land (und insbesondere in Bangkok) um, könnte man
meinen, er wäre erst vorgestern von uns gegangen. Überall erinnern
Gedenktafeln, Statuen und schwarze Schleifen an das tote
Staatsoberhaupt. Einen ähnlichen Personenkult hat es wohl seit dem
Tod von Joseph Stalin nicht mehr gegeben. Auf Majestätsbeleidigung
stehen mehrjährige Haftstrafen und das obwohl in Thailand
traditionell nicht der König, sondern das Militär die politischen
Fäden zieht. Immerhin stammt der verstorbene König aus einer Linie,
die von einem putschenden General begründet wurde. Für den Besuch
des Königspalastes war ich zugegebenermaßen zu geizig und zu
abgeschreckt von den Besuchermaßen, die diesen Komplex regelmäßig
überschwemmen. Da hat die durchaus imposante Außenansicht gereicht.
Reclining Buddha. |
Wer sich für Thailands
Staatsreligion, den Buddhismus, interessiert, kommt in Bangkok auch
auf seine Kosten. Zahllose Schreine, Tempel und Buddha-Statuen lassen
sich besichtigen. Besonders beeindruckend fand ich den
Wat-Pho-Tempel, der direkt neben dem Königspalast gelegen ist. Hier
befindet sich eine gigantische, liegende Buddha-Statue, die beinahe
zu groß für ihr Häuschen ist. Trotz des bescheidenen Äußeren der
Bikkhus (buddhistische Mönche) mit ihren haarlosen Köpfen und
einfachen Roben legt man im thailändischen Theravada-Buddhismus auch
gelegentlich Wert auf Bling-Bling. Gold und Silber sowie aufwendige
Verzierungen und Architektur dürfen in kaum einem Tempel fehlen. Auf
dem Gelände von Wat-Pho befindet sich des Weiteren ein Zentrum, wo
die traditionelle Thai-Massage gelehrt wird. Für wenig Budget kann
man sich hier professionell durchkneten lassen. Die einstündige
Prozedur, der eine therapeutische Wirkung zugeschrieben wird, fühlt
sich größtenteils an wie Folter. Danach läuft man hingegen für
ein Weilchen wie auf Wolken.
Strange Giants. |
Die angenehmste Art der
Fortbewegung ist eine Fahrt mit dem Expressboot auf Bangkoks großem
Strom, dem XY. Man vermeidet das allgemeine Verkehrschaos und erlebt
ansehnliche Stadtpanoramen. Wer das Abenteuer sucht, kann probieren,
mit den öffentlichen Bussen zu fahren, die nach einer gang eigenen
Logik verkehren. Freunde des gepflegten Feilschens greifen hingegen
ganz klassisch auf das Tuk-Tuk zurück.
Auf der Wasserstraße. |
Sicher könnte man noch
viel, viel, viel mehr über Bangkok berichten, obwohl vermutlich
schon zu viel über diese Stadt geschrieben wurde. Das berüchtigte
Nachtleben habe ich etwa genauso links liegen gelassen wie die
Kochkurse oder die gigantischen Shopping-Malls. Ich kann also nicht
behaupten, Thailands Hauptstadt in all ihrer Fülle kennengelernt zu
haben. Dennoch habe ich den Eindruck, dass Bangkok in erster Linie
eine Stadt der sinnlichen Freuden ist. Man kann sich lebhaft
vorstellen, wie die amerikanischen G.I.s hier während des
Vietnamkrieges Ablenkung von den Grausamkeiten des Dschungelkampfes
gefunden haben. Das soll Bangkok als Reiseziel aber keineswegs
abwerten. Ich habe hier ein paar, schöne unspektakuläre Tage mit
heißem Wetter, gutem Essen und gemütlichem Herum-flanieren
verbracht. Wer es etwas weniger geruhsam angehen lässt, für den
hält Bangkok bestimmt das ein oder andere Abenteuer bereit.
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