Dienstag, 20. Juni 2017

Kapitel 29 - 6 Nights in Bangkok...

Nur etwa zwei Wochen habe ich nach dem Retreat noch im Land der Thai verbracht. Ursprünglich war ein längerer Aufenthalt geplant. Doch leider hat der gelangweilte Beamte hinterm Einreiseschalter am Bangkoker Flughafen mein 60-Tage Visum übersehen und mir nur die übliche, 30-täige Aufenthaltsgenehmigung in den Pass gestempelt. Eine weitere Verlängerung des Visums hätte meinem Geldbeutel ordentlich wehgetan und so beschloss ich, pünktlich zum 3. Juni wieder außer Landes zu sein.

Blick auf Bangkok vom 'Golden Mountain'.
Was gibt es nun berichtenswertes über meine zwei Wochen in Thailand? Ich muss ehrlich gestehen, dass mir da kaum etwas einfällt. Die Tage sind wie im Zeitraffer an mir vorübergegangen und haben kaum Spuren in Form von denkwürdigen Erinnerungen hinterlassen. Vom beschaulichen Gelände des Meditationszentrums wurde ich von einem Bus aufgegabelt, der mich direkt nahe des Zentrums der Millionenmetropole Bangkok abgesetzt hat, von wo aus ich mich dann per Skytrain und Bus zu meinem Hostel durchgeschlagen habe. Der massive Kulturschock, den ich zuvor erwartet hatte, ist indes ausgeblieben. Ich hatte zunächst damit gerechnet, dass mich allgemeines Chaos und Reizüberflutung in Bangkok hoffnungslos überfordern würden. Tatsächlich habe ich mich erstaunlich schnell zurechtgefunden. Nur das erreichte Niveau an achtsamer Gegenwärtigkeit auch in der Hektik einer modernen Großstadt zu bewahren, sollte sich als schwierig erweisen. Zu viel passiert gleichzeitig und in zu rasanter Geschwindigkeit, wodurch die Aufmerksamkeit in tausend Scherben zersplittert wird, anstatt in einem einzigen, präzisen Strahl fokussiert zu werden.

Blick von außen auf den Königspalast.
In Bangkok war ich nun also wieder ein „freier Reisender“ mit bescheidenem, aber für thailändische Verhältnisse mehr als ausreichendem Budget. Es durfte frei nach Lust und Laune gegessen und getrunken werden, wofür sich in Bangkok unzählige Gelegenheiten bieten. Gefühlt alle 50 Meter kann man sich den Bauch mit frischen Früchten, Pad Thai (gebratenen Nudeln), Curries aller Art, in Fett gebadeten Streetfood-Snacks, der für Asien so typischen Nudelsuppe und allerlei anderen exotischen und weniger exotischen Fressalien vollschlagen. Bei mir lief es indes meistens auf Reis oder Nudeln hinaus. Natürlich steht auch das einschlägige Fastfood amerikanischen Ursprungs und die Sucht erregenden Zuckerwässerchen des Coca-Cola-Konzerns in schier unbegrenzten Mengen zur Verfügung. Auf der berüchtigten Khao-San-Road, Bangkoks Backpackermeile, die es spätestens seit Alex Garlands Roman „Der Strand“, zu globaler Bekanntheit gebracht hat, findet man natürlich auch noch alles andere, was das hedonistische Herz begehrt. Hier kann man ordentlich Eimer-Saufen zum Economy-Traif, sich durchkneten lassen, Reggeau-Musik hören, sich Anzüge schneidern lassen oder bei einer Ping-Pong-Show alle Zivilisiertheit fahren lassen. Um die Bargeldversorgung muss man sich auch keine Gedanken machen. Man kann nämlich kaum fünf Schritte laufen ohne auf einen Geldautomaten zu treffen und im Gegensatz zu ihren nepalesischen Vettern, spucken die ATMs in Bangkok immer zuverlässig Cash aus, das man in die Shopping-Malls und zu den weitläufigen Straßenmärkten tragen kann. Die Straßenmärkte ähneln in Art und Angebot sehr dem, was ich bereits in China kennengelernt habe. Lebende und tote Produkte in allen Formen und Farben, inklusive Krabben und Kröten.

Auf dem Blumenmarkt.
Natürlich bietet Bangkok noch einiges mehr. Die Säulen der Thai-Nation heißen schließlich Monarchie, Religion und Souveränität. Über erstere beiden Aspekte bietet die Stadt Einblicke in Hülle und Fülle. Erst letztes Jahr ist das der hochverehrte thailändische Monarch Bhumipol (Rama IX.) nach über 60 Jahren Regentschaft in die ewigen Jagdgründe eingegangen. Schaut man sich aber im Land (und insbesondere in Bangkok) um, könnte man meinen, er wäre erst vorgestern von uns gegangen. Überall erinnern Gedenktafeln, Statuen und schwarze Schleifen an das tote Staatsoberhaupt. Einen ähnlichen Personenkult hat es wohl seit dem Tod von Joseph Stalin nicht mehr gegeben. Auf Majestätsbeleidigung stehen mehrjährige Haftstrafen und das obwohl in Thailand traditionell nicht der König, sondern das Militär die politischen Fäden zieht. Immerhin stammt der verstorbene König aus einer Linie, die von einem putschenden General begründet wurde. Für den Besuch des Königspalastes war ich zugegebenermaßen zu geizig und zu abgeschreckt von den Besuchermaßen, die diesen Komplex regelmäßig überschwemmen. Da hat die durchaus imposante Außenansicht gereicht.

Reclining Buddha.
Wer sich für Thailands Staatsreligion, den Buddhismus, interessiert, kommt in Bangkok auch auf seine Kosten. Zahllose Schreine, Tempel und Buddha-Statuen lassen sich besichtigen. Besonders beeindruckend fand ich den Wat-Pho-Tempel, der direkt neben dem Königspalast gelegen ist. Hier befindet sich eine gigantische, liegende Buddha-Statue, die beinahe zu groß für ihr Häuschen ist. Trotz des bescheidenen Äußeren der Bikkhus (buddhistische Mönche) mit ihren haarlosen Köpfen und einfachen Roben legt man im thailändischen Theravada-Buddhismus auch gelegentlich Wert auf Bling-Bling. Gold und Silber sowie aufwendige Verzierungen und Architektur dürfen in kaum einem Tempel fehlen. Auf dem Gelände von Wat-Pho befindet sich des Weiteren ein Zentrum, wo die traditionelle Thai-Massage gelehrt wird. Für wenig Budget kann man sich hier professionell durchkneten lassen. Die einstündige Prozedur, der eine therapeutische Wirkung zugeschrieben wird, fühlt sich größtenteils an wie Folter. Danach läuft man hingegen für ein Weilchen wie auf Wolken.

Strange Giants.
Die angenehmste Art der Fortbewegung ist eine Fahrt mit dem Expressboot auf Bangkoks großem Strom, dem XY. Man vermeidet das allgemeine Verkehrschaos und erlebt ansehnliche Stadtpanoramen. Wer das Abenteuer sucht, kann probieren, mit den öffentlichen Bussen zu fahren, die nach einer gang eigenen Logik verkehren. Freunde des gepflegten Feilschens greifen hingegen ganz klassisch auf das Tuk-Tuk zurück.

Auf der Wasserstraße.
Sicher könnte man noch viel, viel, viel mehr über Bangkok berichten, obwohl vermutlich schon zu viel über diese Stadt geschrieben wurde. Das berüchtigte Nachtleben habe ich etwa genauso links liegen gelassen wie die Kochkurse oder die gigantischen Shopping-Malls. Ich kann also nicht behaupten, Thailands Hauptstadt in all ihrer Fülle kennengelernt zu haben. Dennoch habe ich den Eindruck, dass Bangkok in erster Linie eine Stadt der sinnlichen Freuden ist. Man kann sich lebhaft vorstellen, wie die amerikanischen G.I.s hier während des Vietnamkrieges Ablenkung von den Grausamkeiten des Dschungelkampfes gefunden haben. Das soll Bangkok als Reiseziel aber keineswegs abwerten. Ich habe hier ein paar, schöne unspektakuläre Tage mit heißem Wetter, gutem Essen und gemütlichem Herum-flanieren verbracht. Wer es etwas weniger geruhsam angehen lässt, für den hält Bangkok bestimmt das ein oder andere Abenteuer bereit.

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