Mittwoch, 4. September 2013

Kulturschwaerme

Sonnenaufgang ueber der Brobodur-Region
Kein Reisender, der Yogyakarta besucht, kommt an diesen massiven Steinhaufen vorbei. Borobodur und Prambanan heissen die ueber tausend Jahre alten Monumente, die die hinduistische ebenso wie die buddhistische Vergangenheit Javas repraesentieren. Mit unsaeglich viel Zeit, Muehe und Geld wurden diese bedeutendsten archaeologischen Staetten Indonesiens resauriert und bald danach zum UNESCO-Weltkulturerbe erklaert. Dementsprechend hoch waren auch meine Erwartungen. Der Sonnenaufgang ueber Borobodur, der lichte Morgen in Prambanan. Es sollten erhebende Momente werden. Aber wie das so ist mit hohen Erwartungen, sie werden gerne enttaeuscht. Denn die Atmossphaere in Borobodur und Prambanan ist in etwa so wuerdig und erhaben wie die im Legoland. Darueber beschweren kann man sich nicht. Wo es Attraktionen gibt, kommen Touristen. Wo es grosse Attraktionen gibt, kommen viele Touristen. Und viele Touristen sind zwar gut fuers Geschaeft, aber schlecht fuer Stimmung und Bausubstanz.


Borobodur
Wer am fruehen Morgen Borobodur besucht, trifft bereits auf Rudel von einheimischen Tourgruppen, die meist in einheitlicher Uniform und mit Teleobjektiven bewaffnet das Heiligtum unsicher machen. Auf den unteren und weniger fotogenen Etagen geht es noch ganz besinnlich zu, oben wird durchgaengig Jahrmarkt gefeiert. Was auf dem Nationaldenkmal in Jakarta noch neu und schmeichelhaft war, wird zur Geduldsprobe.
Kaum eine Minute bleibt zum ungestoerten Verweilen oder um die Aussicht ueber das ueppige Huegelland rund um Borobodur zu geniessen.
Excuse me, Mister? Can I take picture? Sorry Sir, photo please!


Prambanan
Prambanan, sozusagen der hinduistische Stiefbruder von Borobodur, ist zumindest frueh morgens noch erfreulich menschenleer. Denn die meisten Besucher buchen kombinierte Touren. Nach Sonnenaufgang Borobodur und dann direkt weiter nach Prambanan, um ein bisschen in der tropischen Mittagshitze zu koecheln und nebenbei noch ein paar Fotos zu schiessen. Die Kulisse hier ist indes gepreagt von
unzaehligen Muelltonnen , riesigen Verbotsschildern, die das Rauchen untersagen, und herumflackenden Arbeitern, die das herzlich wenig interessiert. Ein Teil der imposanten Hauptschreine ist zudem von dekorativen, blauen Plastikplanen eingehuellt. Eine kleine Reminiszenz and das schwere Erdbeben von 2006, durch das der Tempel schwer in Mitleidenschaft gezogen wurde. Verantwortlich dafuer war der in unmittelbarer Nachbarschaft gelegene Gunung Merapi, einer der aktivsten und gefaehrlichsten Vulkane der Welt, der zuletzt 2010 ausbrach und auch die Welterbestaetten nicht verschonte.


Prambanan
Nachdem man die Tempelanlagen hinter sich gelassen hat und sich gerade bewusst zu machen versucht, was man von den letzten Stunden ueberhaupt mitgenommen hat, wartet auch schon der naechste Spießrutenlauf. Aus dem kurzen Marsch zum Ausgang wird eine unfreiwillige Kaffeefahrt, denn sowohl hinter Prambanan, als auch hinter Borobodur wurden ganze Staedte aus Souvenierbuden hochgezogen. Vogelpfeifen, Blasrohre, Boegen, traditionelle Masken, Schattenpuppen und billiger Tand jeder Art und Form.
Irgendwo auf Java muss eine gewaltige Plunderfabrik stehen. Der angebotene Krempel gleicht sich naemlich ueberall bis aufs Haar. Und auch die fliegenden Haendler sind ueberall gleichermaßen penetrant. Sie belagern einen in Scharen und es kostet einigen Gleichmut, sie wieder abzuschütteln. Wahre Sadisten hingegen heucheln Interesse, druecken die armen Teufel auf einen Mindestpreis und lassen sie dann einfach stehen. Nicht dass ich zu sowas faehig waere.



Sorry Sir, photo please
Borobodur und Prambanan sind zweifellos architektonische Meisterwerke ihrer Zeit und alleine mit den kunstvollen Reliefen, die Szenen aus dem Leben des Buddha und aus dem Hinu-Epos Ramayana zeigen, koennte man sich tagelang beschaeftigen. Es angemessen zu wuerdigen, faellt trotzdem nicht leicht. Obwohl sie die Hoehepunkte meiner Reise markieren sollten, sind die Tage in Borobodur und Prambanan doch nur schwach im Gedaechtnis geblieben. Diese Orte sind Gerippe, es fehlt ihnen an der Authentizität, die sie vielleicht vor 1000 Jahren einmal gehabt haben, als es dort nur Glaeubige und Pilger gab. Zurückbleiben ein paar Fotos und das Gefuehl, es mal gesehen zu haben.


I make special price for you
Und die Erkenntnis, dass lange Arme immerwährendes Glueck bedeuten. Denn auf der obersten Ebene von Borobodur gibt es eine Buddha-Statue, die unter einer Stupa verborgen liegt. Wem es gelingt, durch die Oeffnungen die gefalteten Haende der Figur zu beruehren, soll nach alter Legende einen Wunsch frei haben. Fuer mich kein Problem, fuer die meisten Javanesen hingegen schon. Ausserdem gibt es wohl keine Regel, dass man sich nicht unendlich viele Wuensche wuenschen darf. Damit duerfte zumindest fuer den Rest meines diesseitigen Lebens nichts mehr schiefen.

 


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