Die
erste Station meiner China-Reise ist die Hauptstadt Peking, wobei der
Schock des ersten Ankommens eher sanft ausfällt. Zweisprachige
Schilder und Durchsagen sowie überdurchnschnittlich viele
Englischsprecher und -versteher machen den Einstieg leicht. Selbst
für langnasige Taugenichtse, die nach über zwanzigstündiger Reise
und schlafloser Nacht in der Holzklasse frisch am Flughafen ankommen.
Dank des gut ausgebauten Zug- und U-Bahnnetzes, das den Flughafen mit
der Innenstadt verbindet, wird es dann auch kein allzu
nervenzehrender Endspurt bis zur Unterkunft. Über Peking könnte man
endlos berichten. Denn Peking ist weniger eine Stadt als vielmehr
eine ganze Provinz, in deren Verwaltungsbezirk über 21 Millionen
Menschen leben und die flächenmäßig größer ist als
Schleswig-Holtstein (Quelle: Wikipedia).
Vor dem Tor des Himmlischen Friedens. |
Wer
die chinesische Hauptstadt besucht, kommt natürlich nicht an den
großen historischen Sehenswürdigkeiten aus der Kaiserzeit vorbei.
Zwei der bekanntesten sind die verbotene Stadt mitten im Herzen
Pekings und der Sommerpalast etwas außerhalb im Nordwesten. Beide
Anlagen nehmen einen ungeheuren Raum ein und beeindrucken durch eine
ebenso wuchtige wie würdevolle Architektur. Gerade der Sommerpalast
mit seinen weitläufigen Gärten, künstlich angelegten Kanälen und
der Lage rund um den idyllischen Kunming-See lässt erahnen, welchen
gesellschaftlichen Rang die Ming- und Quing-Kaiser einst inne gehabt
haben müssen.
Der Sommerpalast am Kunming-See. |
Wer heute den Sommerpalast oder die verbotene Stadt
besucht, kann sich kaum vorstellen, dass diese Orte einmal nur dem
Kaiser und seiner Familie vorbehalten waren. Ihre ganze Pracht und
Schönheit diente in erster Linie zum Vergnügen eines einzelnen
Mannes, während vermutlich Millionen von Leibeigenen bei den
beschwerlichen Bauarbeiten verschlissen wurden. So konnte also der
Kaiser mit seiner Kaiserin und dem Heer an Konkubinen im Sommer eine
gemütliche Bootsfahrt auf dem Kunming-See unternehmen, ohne dass
Menschentrauben am Ufer die Aussicht
gestört hätten.
Die Halle der höchsten Harmonie. |
Heute stehen die Sehenswürdigkeiten allen 1,2
Milliarden Chinesen zum Besuch offen – und allen anderen, die
Devisen und ein gültiges Visum vorweisen können. Man teilt sich die
Besuchserfahrung meist zwangsläufig mit sehr vielen weiteren
Menschen, was nicht wenigen Individualreisenden mächtig gegen den
Strich geht. Viele von ihnen stören sich an den Legionen von
Selfiestick-bewehrten Tourgruppen, die die schönen Aussichten
belagern und die Welt nur durch ihre Smartphone-Kameras wahrzunehmen
scheinen.
Der Himmelstempelpark. |
Dies gilt natürlich insbesondere für das chinesische Tourismus-Highlight schlechthin: die chinesische Mauer. Analog zu den kitschigen Schlössern in Bayern kann man auch bei der chinesischen Mauer feststellen, dass dieses Bauprojekt aus zeitgenössischer Sicht eher ein Epic Fail war. Weder die mongolischen noch die mandschurischen Invasoren zeigten sich sonderlich beeindruckt von dem Grenzwall, der ihnen den Weg versperren sollte. Heutzutage spült das Gemäuer zuverlässig Mengen an Touristen und Devisen ins Land. Dementsprechend kuschelig geht es auf der Mauer vielerorts zu.
Die Offline-Mauer. |
Ich persönlich habe (weitestgehend) meinen Frieden mit den Massen
gemacht. Es gibt immer Mittel und Wege, den größten Andrang zu
umgehen. Außerdem halte ich es für eine schöne Errungenschaft,
dass in der heutigen Zeit jeder das Recht hat, diese wunderbaren Orte
zu besuchen. Letztendlich sollte man sich als China-Reisender
besser schnell an unüberschaubare Menschenmassen gewöhnen und
lernen selbst im größten Gedränge die Ruhe zu bewahren, sonst wird
das Reisen per Bus und Bahn zur nervlichen Zerreißprobe. Wer zum
allerersten Mal, ohne Chinesisch-Kenntnisse und während der
Rush-Hour am Pekinger-Hauptbahnhof einchecken wollte, weiß wovon ich
rede.
Straßenszenen. |
Die
Erwähnung des Hauptbahnhofs markiert nun auch auf wenig originelle
Weise den Schlußpunkt meiner Zeit in Peking, für die ich
außerordentlich dankbar bin. Es waren intensive und anstrengende
sechs Tag begleitet
von strahlendem Sonnenschein, in denen ich viele wertvolle Eindrücke
sammeln konnte. Ich hätte auch nochmal sechs Tage bleiben können
und mir wäre bestimmt nicht langweilig geworden. Dafür ist die
Atmossphäre in der Stadt einfach zu stimulierend.Gerade wer bei
Dunkelheit die grell erleuchteten Marktstraßen entlangläuft erfährt
eine schier rauschhafte Überflutung der Sinne. An jeder Straßenecke
warten neue Absurditäten auf Entdeckung. Für einen Besuch würde
ich wärmstens die Zeit der nächsten planmäßigen Tagung
des Volkskongresses in 5 Jahren vorschlagen. Für dieses
repräsentative Event werden nämlich rund um Peking die größten
Dreckschleudern eingeschläfert, damit der Himmel in sozialistischem
Blau erstrahlen kann.
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