Seit
ich in China unterwegs, verspüre ich einen schier unstillbaren
Appetit. Das chinesische Essen, das in Peking, Shanxi, Shaanxi,
Guangxi und Yunnan kennengelernt habe, ist schmackhaft, günstig,
leicht verfügbar und Sucht erregend. In jeder Stadt laden kleine
Restaurants und Essensstände zum spontanen Genuss ein. Da ergänzt
man den Tagesablauf auch gerne mal um ein zweites Frühstück oder
ein drittes Abendessen. Gerade weil ich – auch zur Vorbereitung auf
den Himalaya – versuche möglichst viele Strecken zu Fuß zu
bewältigen, ist Energiezufuhr jederzeit willkommen. Auf meiner Reise
habe ich vielleicht einen winzigen Bruchteil Chinas kennengelernt und
dementsprechend auch nur einen winzigen Bruchteil der großen
kulinarischen Vielfalt dieses Landes entdecken können. Und das
vorhandene Angebot komplett ausprobieren konnte ich leider auch
nicht. Sonst wäre ich jetzt vermutlich sehr viel ärmer und sehr
viel beleibter.
Früshtück |
Ich würde lügen, wenn ich behaupten würde,
nicht jeden Tag entweder Reis oder Nudeln oder beides zu essen.
Meistens beides. Langweilig wird es trotzdem nicht, weil die
Zubereitungsformen je nach Stadt oder Provinz variieren. Isst man in
Peking etwa traditionell Hartweizen-Nudeln, sind es im südlich
gelegenen Guilin verbreitet Reisnudeln. Generell ist der Reis eher
das Grundnahrungsmittel der Südchinesen, da es in vielen nördlichen
Gebieten zu trocken für den Reisanbau ist. Allgemein verbreitet sind
hingegen die dicken, kloß- oder fingerförmigen Teigtaschen, die mit
Fleisch oder Gemüse gefüllt sind und gerne zum Frühstück gegessen
werden. Dazu noch eine warme Sojamilch, ein mit Gemüse gestopfter
Teigfladen (fast wie ein vegetarischer Döner), fritiertes Gebäck,
in Blätter eingewickelter Klebereis, marinierte hartgekochte Eier
oder weiche, gedämpfte 'Semmeln' aus Weißmehl. Die Chinesen mögen
es also morgens deftig und das findet meine volle Zustimmung. Die
Backkunst scheinen sie indes nicht perfektioniert zu haben. Zu den
wenigen Dingen, die ich von zu Hause vermisse, gehören deutsche
Backwaren.
Beim Fischessen. |
Natürlich
hat auch jeder Ort seine eigenen Spezialitäten. Peking etwa ist
bekannt für seine gebratene Ente. In Wutai-Shan werden schmackhafte
Pilzgerichte zubereitet. Pingyao rühmt sich seines Rindfleisches und
in Yangshuo bekommt man delikaten Süßwasserfisch aus dem Li-Fluss.
Nebenbei gibt es auch noch ausgefallenere Spezialitäten, über die
man im Westen gerne die Nase rümpft. Hundefleisch beispielsweise
oder Insekten und Skorpione. Ich habe mich aus Neugier in Yangshuo
und Guilin auf die Suche danach begeben und ein paar Experimente
gewagt. Leider mit wenig befriedigendem Ergebnis.
Lebendfutter. |
Im Markt. |
Das Ausfindigmachen
eines Hundefleisch-Restaurant mündete in einer Odyssee durchs
nächtliche Guilin, die mich schließlich in ein dunkles, schäbiges
Restaurant in einer Seitenstraße führte. Was ich dort verzehrt
habe, wurde mir als Hundefleisch verkauft, bestand aber hauptsächlich
aus Knochen, Sehnen und Knorpeln. Wie schmeckt also Hund? Wenn das,
was mir da vorgesetzt wurde, Hund war, dann schmeckt Hund für mich
wie Schwein. Hab ich mich komisch oder schlecht dabei gefühlt, Hund
zu essen? Um ehrlich zu sein nicht komischer oder schlechter als beim
Verzehr von Schwein, Rind, Ziege oder Huhn.
Käfer-Pommes. |
Ein bisschen mehr
Glück hatte ich bei der anderen Kategorie von exotischem Essen. Auf
einem Nachtmarkt in Guilin fand ich einen Stand der verschiedene
Formen von Insekten und ähnlich appetitliche Ware feilbot. Zur
Auswahl standen Skorpione, Heuschrecken, Maden und undefinierbare
Käfer mit Flügeln. Ich habe nahezu das gesamte Sortiment
durchprobiert und muss gestehen, dass ich kaum geschmackliche
Unterschiede feststellen konnte. Das lag vermutlich daran, dass
sämtliche Happen in der selben Frittöse frittiert und mit den
gleichen Gewürzen behandelt wurden, so dass am Ende alles schmeckte
wie Chips.
Fry baby, fry! |
So gut mir das chinesische Essen einerseits
geschmeckt hat, so wenig kann ich mir doch vorstellen, mich
langfristig auf diese Weise zu ernähren. Die Gründe dafür sind
zahlreich. Beispielsweise ist das Essen von der Straße sehr stark
salzhaltig und fettig. Auch ist es schwierig, fleischlose Gerichte zu
bekommen. Des Weiteren habe ich generelle Zweifel an der Qualität
der Lebensmittel. Verseuchte Böden und Gewässer sowie mangelnde
Sicherheitsstandards bringen nicht eben die gesündeste Nahrung
hervor. Doch will ich mich nicht zu weit aus dem Fenster lehnen. Wie
bereits erwähnt habe ich nur einen oberflächlichen Eindruck von
chinesischen Ernährungsgewohnheiten gewonnen.
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