Sonntag, 9. April 2017

Kapitel 4 - Pingyao(Shanxi): Das bessere Datong

Die Weiterreise anch Pingyao gestaltete sich mal wieder etwas umständlich. Keine Chance auf Direktverbindungen. Es muss ein Umweg von Wutaishan über Taiyuan, der Provinzhauptstadt Shanxis, zum Zielort genommen werden. Am Busbahnhof in Wutaishan treffe ich einen spaßigen Chinesen, der aus der Inneren Mongolei stammt und sofort meine Nähe sucht. Die verbale Kommunikation stößt sehr schnell an ihre Grenzen, doch dafür lässt er die Bilder auf seinem Smartphone sprechen. 

Im historischen Pingyao.
Er verfügt über eine ganze Kollektion von Fotos, auf denen westliche Ausländer abgebildet sind, und er präsentiert diese Kollektion mit dem Stolz eines Sammlers, der sich dem Aufspüren wunderlicher Kreaturen verschrieben hat. Natürlich finde auch ich Eingang in seine Sammlung. Verschiedene Körperteile werden eingehend begutachtet und abphotographiert. Besonders bemerkenswert findet er meinen Riechkolben und meine langen Stelzen. Da er mich anscheinend ein Stück weit als seine Entdeckung betrachtet, verspürt er wohl das Bedürfnis, mir auf meinem weiteren Weg beizustehen. In Sahe angekommen spendiert er mir eine Motorad-Rikscha und bringt mich persönlich zum richtigen Busbahnhof für die Weiterfahrt nach Pingyao. 
Die Skyline.
Pingyao hat deutliche Parallelen zu Datong. Darunter fallen die Ming-zeitliche Architektur, die rechteckige Stadtmauer, die den Altstadt-Kern umschließt sowie die beschaulichen Gässchen mit allerhand Läden und Restaurants, die zum Flanieren und Erkunden einladen. Anders als in Datong ist die Kulisse in Pingyao jedoch kein auf dem Reisbrett entworfenes Bauprojekt zur regionalen Wirtschaftsförderung, sondern ein historisch gewachsenes Kulturdenkmal. In den verkehrsberuhigten Gassen kann man sich wunderbar treiben lassen, durch die skurrilen Souvenierläden bummeln und sich in den zahlreichen Garküchen der Völlerei hingeben. Ein paar Tempel und Museen gibt es natürlich auch zu besichtigen, wobei diese eher eine nette Sättigungsbeilage darstellen, die das Gesamtbild stimmungsvoll abrundet.

Was hat sich wiederholt?
Devotionalienladen.
Pingyaos Filetstück ist seine authentisch wirkende und entschleunigte Atmossphäre. Die allgegenwärtigen Menschenmassen und das riesige Verkehrsaufkommen in chinesischen Großstädten lassen einen auf Dauer ermüden. Da liefert Pingyao eine willkommene Verschnaufpause. Teile der Altstadt sind nur für Fußgänger zugänglich und so kann man einfach mal gedankenverloren vor sich hin schlendern, ohne ständig angehupt zu werden oder irgendwelchen Fahrzeugen ausweichen zu müssen. Wem von vielen Schlendern dann die Sohlen brennen, kann sich für wenig Geld eine traditionelle Fußmassage gönnen. Klarer blauer Himmel ist leider wie in den meisten Städten Shanxis eine absolute Ausnahmeerscheinung. 

 

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