Freitag, 5. Mai 2017

Kapitel 12 - Machha Khola (930) - Jagat (1120)

Weiter geht es am Fluss entlang auf dem Weg zum Dörfchen Jagat, das den offiziellen Einstieg zum Manaslu-Schutzgebiet markiert. Wir gewinnen langsam an Höhe. Meine Gefährten haben mit ersten Schwierigkeiten zu kämpfen. Thomas hat Knieschmerzen vom Absteigen. Marvin kämpft mit Verdauungsproblemen und bringt schon die Helikopter-Evakuierung ins Spiel. Sein Zustand wird sich im Laufe des Tages noch bessern und der Hubschrauber kann in Kathmandu bleiben.

Felsen im Fluß.
Heute marschieren wir etwa 12 Kilometer weiter durch das Fluss-Tal. Langsam gewöhnt man sich an das kräftezehrende Streckenprofil, das einen andauernd hinauf und wieder hinunter führt. Die Landschaft zieht einen nach wie vor in ihren Bann. Wir wandern an hochaufragenden, schroffen Felswänden vorbei. Immer wieder sind faszinierend gewachsene Bäume zu bestaunen. Gelegentlich sind Affenhorden zu beobachten, die sich in den Wipfeln tummeln. Der Rhododendron blüht weiß und am Wegesrand wächst wilder Hanf in Hülle und Hülle. Die Natur schert sich offenbar nicht viel um die geltende Betäubungsmittel-Gesetzgebung in Nepal. 

Erdrutsche.
Auch sieht man, dass die Erde hier in Bewegung ist. Im Flussbett liegen zuweilen massive, riesengroße Felsbrocken, die irgendwann von den Hängen heruntergekommen sind und die der Fluss inzwischen glatt geschliffen hat. Einige Male passieren wir auch Stellen, an denen während des Erdbebens im Jahr 2015 schwere Erdrutsche stattgefunden haben. Man läuft hunderte Meter weit über Geröllfelder und blickt man nach oben, bekommt man einen Eindruck von den Urgewalten, die her gewütet haben müssen. Ganze Hänge sind abgestürzt und haben Mensch und Tier gleichermaßen unter sich begraben. 

Spaß beim Steineklopfen.
Unterwegs in den Dörfern begegenen uns Frauen mit Ringen in Nase und Ohren. Nicht nur die Landwirtschaft findet unter einfachen Bedingungen statt. Auch Steine werden von Hand geklopft und von barfüßigen Trägern auf dem Rücken zur Baustelle transportiert, wo ebenso in Handarbeit simple Häuser aus Stein, Holz, Planen und Wellblech entstehen. Das Leben der Menschen hier erscheint im Vergleich zu unserem entbehrungsreich. Doch umso entbehrungsreicher muss das Leben der Maultiere sein. Ich bedauere diese Geschöpfe mit jedem Tag mehr, obwohl ich ständig in ihre Scheiße trete. Es sind eigentlich sehr sympathische Tiere. Schön und treu und einfältig. Vom ersten bis zum letzten Tag ihrer Existenz zur Sklaverei verdammt. Verdammt in einer Reihe über Bergpfade zu laufen, mit Stöcken geschlagen, geohrfeigt, an den Ohren gezerrt, beschimpft, mit Steinen beworfen und mit schweren Lasten beladen zu werden. Man trifft sie zu dutzenden beim Wandern auf den Wegen und stets sollte man (auf die Berg-)seite ausweichen. Vielleicht waren diese Maultiere in ihrer letzten Inkarnation Maultiertreiber.  

Zwischenstopp.

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