Freitag, 5. Mai 2017

Kapitel 13 - Jagat (1120) - Lhokpa (2240)

Heute endet der Tag in Lhokpa, einem winzigen Weiler in über 2000 Metern Höhe. Wir sind nun vom Manaslu-Trek abgebogen und sind in das entlegene Tsum-Valley eingeschwenkt. Wolken verhüllen die uns umgebenden Berggipfel und ein zugiger Wind macht die Hitze der Vortage vergessen. Es ist ein leichter Vorgeschmack auf die eisigen Temperaturen, die uns in höheren Lagen erwarten werden. Mit der Höhe steigt langsam auch das Preisniveau. Abgekochtes Trinkwasser, warme Duschen und auch die Nahrung. Alles wird knapper hier oben.

Heavy Loads.
Teilung und Wiedervereinigung.
Das Wandern heute geht leichter von der Hand als gestern. Nach einem stärkenden Frühstück in Lhokpa, bestehend aus Ingwertee, Haferschleim und tibetischem Brot (einer Art Schmalzgebäck) liegen etwa 10 Kilometer Strecke vor uns, die in gut 6 Stunden zu bewältigen sind. Ebene Streckenabschnitte im europäischen Sinn bilden die abolute Minderheit. Zunächst marschieren wir auf sinuswellenartigen Pfaden am Budhigandaki entlang bis zum Dörfchen Nagjet. Maultier-Karawanen kommen uns in regelmäßigen Abständen entgegen. Das Rauschen des Flusses begleitet unseren Weg. Hohe schroffe Felswände bilden eine dramatische Kulisse. Nachdem wir bei Nagjet erneut den Fluss überquert haben, beginnt ein stetiger Aufstieg. In Ekle Bathi wird noch einmal Rast gemacht und ein Mittagessen eingenommen. Nepalesische Spagehtti mit Ei, Thunfisch und Gemüse. Fast so gut wie das Original. Besonders, wenn man den ganzen Tag gewandert ist.

Faule Hunde.
Mit zunehmender Höhe verändert sich auch die Vegetation. Stellenweise wird es karger. Hochgewachsene Nadelbäume und dürre Gräser bestimmen die Kulisse. Der Boden scheint sandiger zu werden. Insgesamt erinnert die Landschaft an die heimischen Alpen mit ihren schwindelerregenden Schluchten, den Wasserfällen und dem wilden Strom, der sich seinen Weg nach unten bahnt. In der Ferne schimmert schimmert Shringi Himal, eine über 7000 Meter hohe Landmasse. Nicht weit von Lhokpa gelangen wir zu einer Weggabelung. Rechts zweigt unser Weg ab, der uns geradewegs in heilige Tsum-Valley führt. Der linke Weg führt weiter auf den Manaslu-Trek. Nach der Erkundung des Tsum-Valley werden wir hierher zurückkehren. Auch der Fluss spaltet sich an dieser Stelle. Wir laufen weiter an einem Seitenarm des Budhigandaki entlang, der uns tiefer ins Tsum-Valley führt. Unterwegs begegnen uns sich sonnende Eidechsen und bunte Schmetterlinge.

Könnten die Alpen sein.
Was die Tour weiterhin besonders macht, sind die vielen Eindrücke vom nepalesischen Dorfleben, das man hautnah beobachten kann. Das Tsum-Valley ist insbesondere von einer buddhistisch-tibetischen Kultur geprägt. Wir beobachten Männer beim Körbeflechten, alte Frauen beim Wollespinnen auf der Straße und  junge Frauen, die ihr langes schwarzes Haar am am öffentlichen Brunnen waschen. Federvieh irrt herum, Kinder spielen im Dreck, träge Hunde räckeln sich in der Nachmittagsonne, Dorfbewohnerinnen rauchen genüsslich ihre Kippen. Umweltprobleme sind auch hier überall ersichtlich. Eine Kanalisation fehlt und so gehen Abwässer direkt in den Boden. Auch die exzessive Nutzung von Holz zum Kochen und Heizen gefährdet die örtlichen Baumbestände. 

Dorfszenen.
Die klassische Stein-Stupa.
Wir lassen den Abend bei einem sättigenden Dhal-Bat-Menü ausklingen. Der Marsch steckt einem in den Knochen und pünktlich um 9 Uhr wird zum allgemeinen Zapfenstreich geblasen. Ich sitze hier noch in der Stille und halte meine Einrücke fest. Auf der anderen Seite der Schlucht erhellt ein loderndes Feuer die Nacht. Das gleichmäßige Rauschen des Flusses verstärkt meine Schläfrigkeit.  

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